Ensdorf. Eine lange Tabelle mit vielen Daten wird auf dem Laptop von Naturpark-Ranger Jonas Nelhiebel angezeigt. Daten wie „Ausrichtung", „Lebensraumtyp" oder „Kastennummer" sind zu lesen.


Auf eine Nummer ist der Ranger besonders stolz und zeigt auf die Tabelle. „In diesem Nistkasten war der erste Bruterfolg sofort am ersten Tag des Monitorings drin! Da war ich natürlich wahnsinnig froh!" Nelhiebel strahlt; er ist sichtbar zufrieden. Kein Wunder, denn die Vogelart, für die der Naturpark Hirschwald ein Artenhilfsprojekt auf den Weg gebracht hat, ist in Bayern mittlerweile vom Aussterben bedroht. Der Wendehals ist ein ausgesprochener Lebensraumspezialist und ist mit 08/15-Landschaften nicht zufrieden. Sehr erfreulich, dass in 2020, dem ersten Jahr der Maßnahme gleich acht Bruterfolge in den vom Naturpark ausgebrachten Kästen erzielt wurden. Im zweiten Jahr der Artenhilfsmaßnahme hat sich der Bestand auf 16 Brutpaare verdoppelt. Der Ranger erklärt: „Für eine derart gefährdete Vogelart ist das eigentlich eine Sensation! Hier zeigt sich, dass das vor allem das Lauterachtal ein echtes Ausnahmegebiet mit einer hervorragenden Lebensraumqualität ist."

Mit etwa 17 Zentimetern liegt die Körperlänge des Wendehalses deutlich unter der einer Amsel. Aber der Vogel wäre ohnehin schwer zu erkennen. Mit seinem Gefieder ist er perfekt getarnt – es ähnelt stark dem Aussehen von Baumrinde. Während der Balzzeit fällt er an seinen auserwählten Gebieten mit einem ausgiebigen Balzgesang, dem „wie wie wie wie wie" auf. Sobald die Vögel brüten, sind sie allerdings meist still. Tarnung ist das allbestimmende Thema der Art, und der Wendehals singt nur, wenn er es unbedingt muss. Der Vogel ist der einzige heimische Specht, der im Süden überwintert. Er umfliegt dafür über die Sahara bis nach Mittelafrika - eine sehr gefährliche Reise, auf der viele Individuen ihr Leben lassen. Außerdem kann der Wendehals keine eigenen Höhlen zimmern, weshalb er dazu gezwungen ist, auf verlassene Baumhöhlen anderer Spechtarten oder Nisthilfen auszuweichen.

Im Jahr 2020 hatten die Ranger des Naturparks im gesamten Gebiet knapp drei hundert Nisthilfen für höhlenbewohnende Vogelarten installiert. „Freilich mit einem Fokus auf Flächen, die der Wendehals gut findet", ergänzt Nelhiebel. Die Nisthilfen wurden sowohl auf öffentlichen, als auch auf privaten Flächen errichtet. Bei den privaten Flächen war die Einwilligung von ca. 50 Parteien notwendig, die dem Projekt allesamt zugestimmt hatten. „Ohne das grüne Licht von den privaten Grundstücksbesitzern wäre das Projekt gescheitert, noch bevor es richtig losgegangen ist."

„Bei einem so selten gewordenen Vogel unterstützt man natürlich nebenbei auch noch viele weitere, häufigere Arten". Jonas Nelhiebel hat auch heuer wieder alle Kästen geöffnet, um den Brutbestand zu kontrollieren. Für das Öffnen ist eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung der Höheren Naturschutzbehörde erforderlich, die der Ranger extra dafür erhalten hat. „Wir wollen die Tiere natürlich nur so wenig wie möglich stören. Ganz vermeiden lässt es sich nicht. Das heißt wir öffnen nur kurz und verschaffen uns ein Bild über den Bestand und zählen die Eier oder die bereits geschlüpften Jungvögel und machen den Kasten sofort wieder zu." erklärt der Ranger. „Beim Öffnen der Kästen haben wir auch so manche Überraschung erlebt. Denn neben der Zielart, dem Wendehals, waren auch Siebenschläfer, Fledermäuse, Meisen und Wespen in den Kästen."

Insgesamt waren nur zwei Kästen komplett leer. Das zeigt, dass es in der Tierwelt einen unheimlichen Bedarf an diesen Brutplätzen gibt.

Der Wendehals genießt auch in Zukunft zusammen mit zwei anderen, für den Naturpark Hirschwald typischen aber selten gewordenen Vogelarten die volle Aufmerksamkeit des Rangers, damit man Wendehals, Wiedehopf, Heidelerche & Co. auch in Zukunft wieder öfter im Naturpark Hirschwald singen hört.

Brütender Wendehals auf seinem Gelege Bild: © Jonas Nelhiebel, Naturpark Hirschwald