Regensburg. Mit rund 110 Fachstellen für pflegende Angehörige hat Bayern ein gutes Beratungsnetz. Allerdings steigt der Beratungsbedarf, Technik und neue Medien werden verstärkt genutzt, Angehörige mit zu pflegenden Menschen leben nicht immer in unmittelbarer Nähe. „Abläufe in den Beratungsstellen müssen daher neu justiert werden", sagen Dr. Irmgard Schroll-Decker und Dr. Annette Meussling-Sentpali.

Die beiden Professorinnen der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) haben im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege die Broschüre „Empfehlungen zur konzeptionellen Ausrichtung der Fachstellen für pflegende Angehörige" erstellt.

Laut aktueller Pflegestatistik werden von den über 490.000 Pflegebedürftigen in Bayern mehr als drei Viertel ausschließlich durch Angehörige betreut und gepflegt. In Bayern gibt es rund 110 Fachstellen für pflegende Angehörige, die durch Angebote der psychosozialen Beratung, der begleitenden Unterstützung und der Entlastung dafür sorgen wollen, dass die pflegenden Angehörigen während der oft lang andauernden Pflege eines nahestehenden Menschen selbst nicht erkranken.

Die Staatsregierung fördert das gut etablierte und in Deutschland einzigartige Netz der Fachstellen für pflegende Angehörige im „Bayerischen Netzwerk Pflege". Seit Beginn der Arbeit dieser Fachstellen im Jahr 1998 haben sich die Beratungs- und Unterstützungsstrukturen für Menschen mit Pflegebedarf und ihre Angehörigen kontinuierlich weiterentwickelt. Eine passgenaue Beratung und die verstärkte Vernetzung und Abstimmung der bestehenden und neuen Beratungsstellen werden immer wichtiger.

Prof. Dr. Irmgard Schroll-Decker und Prof. Dr. Annette Meussling-Sentpali von der Fakultät Angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften an der OTH Regensburg erhielten vom Staatsministerium für Gesundheit und Pflege den Auftrag, eine Handreichung zu erstellen. Diese zeigt auf, wie sich die Fachstellen für pflegende Angehörige in den mehr als 20 Jahren seit ihrer Einführung verändert haben. Zugleich liegt ein besonderer Fokus auf der künftigen Ausrichtung ihrer Aufgaben, insbesondere in der Kooperation mit anderen Akteuren vor Ort, etwa den mehr als 50 Pflegestützpunkten, die derzeit in Bayern entstehen oder bereits entstanden sind.

„Die Veränderung der Beratungsstellenstruktur wird zunächst eine Neujustierung von Abläufen bedeuten. Aufgrund des hohen Anfalls an Informations-, Beratungs- und Unterstützungsbedarf und der vorhandenen Expertise wird sich daraus die erwartete, vor allem lokale, Ergänzung einstellen", sind sich Schroll-Decker und Meussling-Sentpali sicher. Neue Herausforderungen seien etwa die Unterstützung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen, die Beratung von Menschen mit Migrationshintergrund und die Hilfe für sogenannte „young carers", das sind Minderjährige, die Angehörige pflegen.

Lob für die entstandene Handreichung gab's von Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek. Die beiden Professorinnen selbst sprechen von einer gelungenen Zusammenarbeit über die Grenzen von Fachbereichen hinweg. Prof. Dr. Meussling-Sentpali lehrt und forscht in Pflegewissenschaften, Prof. Dr. Schroll-Decker in Sozialmanagement und Bildungsarbeit. Der Ansatz ist typisch für die OTH Regensburg, die sich auf die Fahnen geschrieben hat, in Forschung und Lehre alle gesellschaftlich relevanten Themen aufzugreifen und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten. Im konkreten Fall seien die beiden Perspektiven unter anderem bei der Erstellung des Leitfadens für Interviews „sehr hilfreich" gewesen.

Die Ergebnisse der Befragung und erste Hinweise wurden bei der Online-Fachtagung „Pflegestützpunkte" der Fachstelle für Demenz und Pflege Bayern präsentiert. Die Broschüre wurde unter Mitwirkung von Catrin Krauß, M.Sc., erstellt und steht im Publikationsshop der Bayerischen Staatsregierung kostenlos zum Download bereit.