Schwandorf. Welchen Stellenwert und wie wertvoll Friede eigentlich ist, zeigt Michael Fleischmann in seinem Buch "Ich hatt' einen Kameraden" auf. Im Mittelpunkt des knapp 500 Seiten starken Buches stehen Gefallene, Vermisste und Opfer des Nationalsozialismus, die alle aus den ehemaligen Gemeinden rund um Schwandorf stammten.


Zur Buchpräsentation hatte der Autor Unterstützer, Freunde und Vertreter der Stadt Schwandorf in den KMK-Saal in der Oberpfalzhalle geladen. In seinem einführenden Worten stellte Michael Fleischmann die Frage in den Raum, wie das Buch ohne ein einziges Bild, ohne die Geschichte der Zeitzeugen, ohne die persönlichen Anekdoten aus den Feldpostbriefen der Gefallenen, die die Toten noch einmal von Ihrem Leid und Schrecken erzählen lassen geworden wäre? „Ohne diese Informationen wäre mein 480 Seiten starkes wissenschaftlich erarbeitetesBuch auch nur eine Aneinanderreihung von Daten und Zahlengewesen", so Fleischmann.

Der Autor schrieb seit über 15 Jahren zur Geschichte der 827 Gefallenen und Vermissten sowie der über 180 Opfer des Nationalsozialismus in den ehemaligen Gemeinden der Großen Kreisstadt Schwandorf. Er hat Schicksale aufgearbeitet, forschte in unzähligen Archiven, wie den örtlichen Stadt- und Staatsarchiven, den Unterlagen des DRK-Suchdienstes München, dem Archiv der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, er recherchierte im Zentralarchiv des russischen Verteidigungsministeriums und fügte tausende Unterlagen wie Puzzlestücke zu einem wissenschaftlich fundierten Werk zusammen.

„Das vorliegenden Buch ist ein Geschenk an die Stadt Schwandorf. Ihm kommt eine wichtige Rolle als gedruckten Zeitzeugen zu", meinte die stellvertretende Bürgermeisterin Marion Juniec-Möller in einem Statement. „Unbekannte Namen auf Denkmälern erhalten jetzt ein Gesicht. Das Buch, das es tatsächlich gebraucht hat, berührt und mahnt zugleich", so die Vertreterin der Stadt Schwandorf. Josef Fischer vom Stadtarchiv zollte Michael Fleischmann Respekt und Anerkennung. „Das Schicksal dieser Menschen, welches sich vor unserer Haustüre abgespielt hat, darf genauso wenig nicht vergessen werden, wie das der vielen jungen Männer, welche irgendwo auf den Schlachtfeldern für sinnlose Kriege ihr Leben lassen mussten", sagte Fischer. Besonders freue ihn, dass die wissenschaftlich verwertbare Publikation zu dem nicht einfachen Thema Menschen aus zwölf ehemaligen Gemeinden in den Mittelpunkt rückt.

Im Zentrum des Buches „Ich hatt' einen Kameraden" steht die Frage, wer diese Menschen waren, die auf unseren Kriegerdenkmälern verewigt sind. „Sie lebten einst in unseren Dörfern und die allermeisten von ihnen führten Nachnamen, die heute noch in den hiesigen Dorfgemeinschaften allgegenwärtig sind", sagte Michael Fleischmann. Unsere Vorfahren kämpften und litten im Schützengraben, marschierten in der weiten Steppe Russlands, fuhren in der Enge des U-Bootes bis in die Karibik oder flogen mit ihrer Fliegerstaffel über Finnland. Manch eine Brust schmückte sogar das Eiserne Kreuz oder gar die silberne Ehrenmedaille Bayerns. „Doch kein Orden dieser Welt errettete sie von den Schrecken der Kriege und so starben unzählige Soldaten und Zivilisten in den beiden Weltkriegen einen grässlichen Tod, der sicherlich nicht als Heldentod vonstattenging", meinte der junge Autor.

Dieses Buch geht viel weiter und schildert nicht nur die Geschichte der jungen Soldaten, die ihr Leben in den blutigen, sinnlosen Kriegen lassen mussten, sondern erinnert auch an die Menschen aus der ehemaligen Gemeinde, die im NS-Staat unterdrückt oder gar hingerichtet wurden. Als Beispiel führte der Sprecher die Ermordung Johann Weiherer aus Fronberg an, der 1942 in der Tötungsanstalt Bernburg ums Leben kam. Das Werk erinnert auch jene Zwangsarbeiter und KZ-Häftlingen, die in diesen Orten verstorben sind. Eines der jüngsten Opfer, das polnische Zwangsarbeiterkind Gena Werbilewska, verstarb am 16. Oktober 1943 auf dem Gut Sitzenhof mit nur fünf Monaten infolge einer Lungenentzündung. Nicht unerwähnt durften zudem die Todesmärsche bleiben, denn allein bei dem Weiler Kunthau kamen am 20.04.1945 mindestens 70 Menschen ums Leben, gab Fleischmann zu bedenken. Bedauerlicherweise sind die Namen der hier verstorbenen Zwangsarbeiter weder in den bisher veröffentlichten Ortschroniken noch auf den örtlichen Kriegerdenkmälern verewigt. Durch dieses Buch könnten diese dunklen Flecken in den Ortsgeschichten der damaligen Gemeinden endlich der Öffentlichkeit und damit eines würdigen Gedenkens zugänglich gemacht werden, ist sich der Autor sicher.

Im Rahmen der sehr zeitintensiven Recherchearbeit hat Michael Fleischmann auch über die militärische Einbindung der ehemaligen Gemeinden in die Kriege geforscht. Erwähnt werden auch die Geschichten der Teil- und Reservelazarette in Lindenlohe, Charlottenhof, Ettmannsdorf und Fronberg sowie Flugabwehrstellungen der Wehrmacht. Die unglaublich hohe Anzahl unserer Toten muss uns zum Frieden mahnen, gerade in Zeiten der Corona-Pandemie. Jedoch ist ein dauerhaftes Mahnen nur möglich, wenn die Menschen die Geschichte hinter den bloßen Namensinschriften auf den Kriegerdenkmälern kennen. „Schließlich waren es nicht nur einfach Soldaten, Gefallene oder Vermisste, sondern Menschen mit Träumen, Zielen, Familien und Hoffnungen", betonte Michael Fleischmann. Zum Abschluss der Buchpräsentation gab der Autor den Zuhörern folgenden Schlussgedanken mit auf den Weg: „Nur gemeinsam können wir die Intention des Buches erreichen, damit dieser Geschichtsbeitrag unseren Mitmenschen in der Großen Kreisstadt Schwandorf aufzeigt, was es für unsere Vorfahren bedeutet hatte, in diesen dunklen Zeiten zu leben. Vielleicht bringt es die Leser auch zum Nachdenken, wie wertvoll Frieden ist und ob der Friede für uns Europäer mittlerweile nicht zu selbstverständlich geworden ist.

Das Buch wird zum Selbstkostenpreis von 20 Euro in der Buchhandlung Rupprecht, im Brauereiverkauf Naabeck und Wiefelsdorf, in der Gärtnerei Irrgang, in derBäckerei Scherl in Klardorf, derSchreinerei Bräu in Neukirchen, im Hausler Getränkemarkt Zilch in Ettmannsdorf, im Tourismusbüro Schwandorf, als auch beim Autor selbst und auf eBay.

Viele Orte hatten Opfer zu beklagen. Das Ziel dieser Abhandlung ist es, die Würde aller Kriegsopfer zu wahren, mit all dem, was sie erleben und erfahren mussten.               Bild: © Hans-Peter Weiß
Respekt zollten Stadtarchivar Josef Fischer und die stellvertretende Bürgermeisterin Marion Juniec-Möller dem Autor Michael Fleischmann. (von rechts) Für Gattin Katrin gab es Blumen zum Dank.                Bild: © Hans-Peter Weiß
Todesanzeige für den Naabecker Johann Gratzl            Bild: © Hans-Peter Weiß