In Frack und Zylinder waren die Herren der Schöpfung gewandet, die am Aschermittwoch beim Landgasthof „Zum Bärenwirt“ auf das Kommando „Fischzug, Achtung! Ohne Tritt marsch,“ zum40. Riedener Fischzug starteten. Es war um die Mittagszeit und es herrschte Stille, als die Männer sich auf den Weg machten, um sich dank freigebiger Wirte mit Freibier zu stärken und den traurigen Augenblick des Geldbeuteleingrabens am Abend körperlich und seelisch besser überstehen zu können. Sie mussten schon eine anstrengende Tour hinter sich bringen und einige Mühsal auf sich nehmen.
Ein alter Brauch, „den schon unsere Großväter ausübten“ sei mit dem Riedener Fischzug und Geldbeutel-Begräbnis 1975 wieder neu belebt worden, erinnerte Stefan Fuchs, Chef und Prediger der reinen Männertruppe. Während des Zuges von Wirtshaus zu Wirtshaus ist Reden und Lachen und in den Lokalen das Pfeifen und Singen verboten. Streng achtet Ordnungsstrafenhüter Norbert Scharl auf die Regeln, kassiert bei Verstößen ab. Auf einer alten Misttrage wird er von den zwei Auserwählten, dem Zapf Sebastian und dem Schuster Michael, feierlich mitgetragen: der leere Geldbeutel, von brennenden Kerzen umrahmt, mit Blumen geschmückt. Und auch hier tritt Norbert Scharl in Aktion: Bei Entwendung des Geldbeutels – auch das soll schon öfter vorgekommen sein – müssen die Geldbeutelträger einem saftigen Obulus entrichten.
Jeder Fischzugteilnehmer bekommt vom Wendl Jürgen mit Kreide einen Fisch auf den Rücken verpasst.
Das Freibier der Wirte inklusive des letzten Tropfens zu vernichten, ist vornehme Pflicht der Fischzügler. In allen Riedener Wirtshäusern und bei mehreren Privatstationen musste die schwere Aufgabe erfüllt werden. Damit dies zu bewältigen ist, werden Heringe und einige Wecken Brot vom Wendl Jürgen und dem Reindl Reinhardt mitgeführt und als Unterlage verzehrt – aber auch zum Verkauf angeboten. „Hut ab zum Gebet,“ kommandierte Fuchs, wenn sich die Matadore des Aschermittwochs bei den Wirten und edlen Spendern der flüssigen Nahrung artig bedankten. .„Oh mein lieber Geldbeutel, du armer Hund, musst von uns gehen – warst die letzte Zeit net g’sund“ psalmodierte Prediger Stefan Fuchs, als am gestrigen Aschermittwochabend vor dem ehemaligen Rathaus in Rieden der im Fasching arg geschundene Geldbeutel mit viel Tränen und unter Anteilnahme der Bevölkerung begraben worden war.
„Die Faschingszeit warst du mir recht. Schau ich dich jetzt an, dann wird mir schlecht. Drum red’n man net weiter – wir graben dich jetzt ein. Sei uns net bös, des muss halt sei“ jammerten unisono die vom Fischzug arg gestressten Mannsbilder. Mit Gejammer und lautem Heulen wurde dann nach über sieben Stunden angestrengten und mit viel Willenskraft ausgeübten „Biervernichtens“ der leere Geldbeutel im Schein von Kerzen beim alten Rathaus zu Grabe getragen. Mit einem gemeinsamen Fischessen beim Bärenwirt fand dann der Fischzug ein Ende.