Schwandorf. Der Bezirksverband der Industriegewerkschaft „Bauen–Agrar–Umwelt" ehrte am Sonntag im Gasthof Obermeier in Klardorf 87 Mitglieder aus den Landkreisen Schwandorf und Cham für langjährige Treue und bedankte sich bei ihnen mit Urkunde, Nadel, Geschenk und einem gemeinsamen Essen. Für den Vorsitzenden Christian Lang sind die Jubilare Vorbilder für die Jugend.

Die IG BAU ist die fünftgrößte Einzelgewerkschaft im DGB und hat 247 000 Mitglieder. Zu ihnen gehört auch der 87-jährige Johann Fleischmann aus Pissau (Stadt Neunburg v.W.), der für 60-jährige Treue geehrt wurde. Der gelernte Waldfacharbeiter war am Forstamt Bodenwöhr tätig und schloss sich mit 27 Jahren der „land- und forstwirtschaftlichen Gewerkschaft" an. „Um für eine Lohnerhöhung zu kämpfen", erzählt Johann Fleischmann, denn damals bekam er nur 55 Pfennige in der Stunde.


Ganz andere Gründe bewogen Reinhard Liebehenschel (78) aus Schwandorf zum Eintritt in die Gewerkschaft. „Ich hatte Schwierigkeiten mit meinem Arbeitgeber", erinnert sich der gelernte Fliesenleger. Da habe er sich Unterstützung von der Gewerkschaft geholt. 

Seit 60 Jahren ist auch Georg Haller (86) aus Wackersdorf Mitglied in der Gewerkschaft. Der langjährige DGB-Funktionär Georg Rudolf habe ihn, den Arbeiter in einer Schwandorfer Ziegelei, damals angeworben, wie viele andere Kollegen auch. Alle drei Altersjubilare haben den Schritt nicht bereut und sind der Meinung: „Wir brauchen eine starke Gewerkschaft". 

Der Stellenwert der Gewerkschaften habe sich gewaltig verändert, findet stellvertretender Landrat Jakob Scharf. Vor 50 Jahren sei es für einen Arbeitnehmer selbstverständlich gewesen, der Gewerkschaft beizutreten. Sein Vater war Bergarbeiter und damit automatisch bei der IG Bergbau, erinnert sich Jakob Scharf. Die Forderung zum sofortigen Kohleausstieg sieht der stellvertretende Landrat als Beweis dafür, „wie schwierig auch für die Gewerkschaften der Spagat von Ökonomie und Ökologie geworden ist". Scharf ermunterte die Gewerkschaftsvertreter, weiterhin die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Interessen der verschiedenen beruflichen Gruppen zu vertreten und die Demokratie gegen radikale Kräfte zu verteidigen.

Bundestagsabgeordnete Marianne Schieder sieht die erkämpften sozialen Errungenschaften in Gefahr, wenn die Gewerkschaften an Stärke verlieren. Im Namen der Stadt dankte zweite Bürgermeisterin Ulrike Roidl den Jubilaren für ihre Treue zur Gewerkschaft. 

Der Geschäftsführer der DGB-Region Oberpfalz, Christian Dietl, lässt der Vorwurf der Jugend nicht gelten, die ältere Generation setze die Zukunft der jungen Menschen aufs Spiel. „Die heutigen Rentner haben diesen Wohlstand erst möglich gemacht", so Dietl. Er appellierte an die Arbeitnehmer, unabhängig von politischer oder religiöser Einstellung sich für solidarisch zu erklären und gemeinsam für mehr Lohn, bessere Arbeitsbeddingungen und eine starke Arbeitnehmervertretung zu kämpfen.

Der Regionalleiter der IG BAU Bayern, Karl Bauer, sieht Herausforderungen auf die Gesellschaft zukommen, „die wir nur gemeinsam meistern können". Es gehe um die Verbesserungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen, konkret um eine Rente, die zum Leben reiche, um bezahlbaren Wohnraum, um die Umwelt und den Klimaschutz. „Wenn wir das erhalten wollen, was wir erkämpft haben, ist eine starke Gewerkschaft notwendig", erklärte der Regionalleiter. 

Wie wichtig eine starke Vertretung ist, zeige sich aktuell bei den Gebäudereinigern. Wilhelm Scheubeck aus Burglengenfeld schloss sich 1949 der Gewerkschaft an und wäre bei der Jubilarehrung der IG BAU am Sonntag in Klardorf für 70-jährige Zugehörigkeit ausgezeichnet worden. Der Jubilar musste allerdings aus gesundheitlichen Gründen absagen. Drei Mitglieder wurden für 60-jährige Treue geehrt, 20 für 50-jährige Mitgliedschaft und 34 für 40-jährige Zugehörigkeit. 29 Mitglieder traten der Gewerkschaft vor 25 Jahren bei und erhielten ebenfalls Urkunde und Geschenk.