Gasthof soll weichen - Investoren wollen Freibrief

Bodenwöhr. Was Kritiker schon seit einigen Wochen befürchten, könnte jetzt ganz schnell brutale Realität werden: Michael Kraus (Autohaus Kraus) und Michael Erhardt (Betonwerk Hemmerlein), die zusammen die "MiKe GmbH" gegründet haben, wollen ihre Neu-Erwerbung abreißen. Der Gasthof Schiessl, der seit 325 Jahren die Ortsmitte dominiert und inzwischen unter Denkmalschutz steht, soll verschwinden. Besonders bemerkenswert ist: Offensichtlich haben die Investoren dem Gemeinderat kein schlüssiges Nachfolge-Konzept vorgelegt. Das heißt: Stimmt der Gemeinderat am Mittwoch dem Antrag zu, haben es Kraus und Erhardt alleine in der Hand, was an der Stelle des Traditionsgasthauses entstehen soll.

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Pro forma behielte die Gemeinde über die Bauleitplanung zwar das Zepter in der Hand. Jedoch würde sie sich in der Realität vollkommen den Wünschen der Investoren ausliefern. Frei nach dem Motto: Wenn Euch unser Bau-Vorhaben nicht passt, dann reißen wir das Wirtshaus ab und lassen auf unserem Grund eine hässliche Baulücke stehen. Mitten im Ort. Erinnerungen an Bruck, wo seit vielen Jahrzehnten eine solche Lücke neben der Sparkasse klafft, drängen sich geradezu auf.

Kraus und Erhardt haben aber eigentlich andere Pläne. Welche genau, ist im Vorfeld nicht zu erfahren. Auch für die Gemeinderäte nicht. Wie der Ostbayern-Kurier bereits im Juni berichtete, möchte die MiKe GmbH dem Gemeinderat schmackhaft machen, dass sie dort, wo seit Jahrhunderten der Gasthof steht, ein Rathaus baut, um es anschließend an die Gemeinde zu verkaufen. Dass ein solcher Neubau nichts von der anheimelnden Fassade des Gasthofs mehr haben würde, dürfte klar sein.

Dass die Gemeinde selbst über Rathaus-würdige Immobilien verfügt und für diese eine Nutzung finden muss, ficht die Investoren natürlich nicht an. Auch dass es für die Gemeinde ein teuerer Spaß werden dürfte, den Investoren nach erfolgtem Rathaus-Bau die neue Immobilie samt Grundstück abzukaufen - immerhin wollen Investoren verständlicherweise in erster Linie ja ihr Geld vermehren - scheint einige Gemeinderäte ebenfalls nicht davon abzuhalten, am kommenden Mittwoch die Hand pro Abrissgenehmigung heben zu wollen. Und diese Genehmigung wäre, wie erwähnt, ein Freibrief für künftige Bauvorhaben der MiKe GmbH im Ortskern.

Die CSU-Fraktion macht jedenfalls unverhohlen Werbung für das Projekt ihres ehemaligen Vorsitzenden und Parteimitglieds Michael Kraus. In einer Postwurfsendung und auf Facebook hat sie sogar per Skizze kolportiert, wie die "schöne neue Ortsmitte" einst aussehen könnte. Allerdings ist diese Skizze nicht ganz ehrlich, da sich darauf deutlich die Silhouette des Gasthauses Schiessl befindet - wobei dessen Abriss der erste Schritt zum geplanten Neubau sein soll. Würde die CSU den Gasthof tatsächlich erhalten wollen, müsste sie am Mittwoch natürlich gegen dessen Abriss stimmen.

In das bislang nur diffus geäußerte Vorhaben soll laut MiKe GmbH irgendwie ein Café integriert werden und irgendetwas mit Nahversorgung - wobei es nach OK-Informationen dazu weder Pläne noch Absichtserklärungen gibt, geschweige denn Wirtschaftlichkeitsberechnungen oder gar Vorverträge. Zweiter Bürgermeister Albert Krieger, der seit Richard Stabls Erkrankung die Amtsgeschäfte nun schon zehn Monate lang leitet, verweist auf OK-Nachfrage lediglich auf die Investoren.

Konkreter wird auf Nachfrage der Vorsitzende der Bürgerlisten-Fraktion Alois Feldmeier. "Ich habe absolut nichts gegen eine Entwicklung im Ortskern. Für mich gilt aber: Erst muss die MiKe GmbH ein Konzept vorlegen, dann können wir über eine Abbruchgenehmigung sprechen." Sollte der Gemeinderat das Wirtshaus opfern, dann nur, wenn eine vernünftige Nachfolge-Lösung gesichert sei. Ein pures Versprechen - noch dazu ein sehr vages - reiche doch "nicht für Bau-Entscheidungen, die die nächsten 100 Jahre den Ortskern bestimmen. Und dass die Gemeinde diese Pläne finanziert, indem sie an dieser Stelle von der MiKe GmbH ein Rathaus teuer bauen lässt, das geht in meinen Augen nicht mit meiner Treuepflicht als Gemeinderat zusammen."

Für die BLB-Fraktion komme als Standort des neuen Rathauses nach wie vor das "Alte Rathaus" auf der gegenüberliegenden Straßenseite infrage, dies sei nach Awägung aller Faktoren die bislang die einzige sinnvolle Lösung. "Wenn wir uns auf diese Variante endlich einmal einigen könnten, dann könnten wir auch konkrete Pläne entwickeln - ob ein- oder zweihäusige Lösung, ob Eigenbau oder Bauträger-Vergabe, und und und. Neben allen alten Immobilien, die wir schon haben und unterhalten müssen, jetzt eine neue bauen zu lassen, auf einem Grund, der uns nicht gehört, zu Bedingungen, die wir nicht kennen, und erpressbar dadurch, dass uns die MiKe-GmbH mitten im Ortskern mit einer Baulücke drohen kann - das ist mit mir nicht zu machen", so Feldmeier. "Stellen Sie sich vor: Ihr Nachbar will sein Haus umbauen und dafür Ihre Unterschrift. Da lasse ich mir auch VORHER den Plan zeigen, auch wenn ich den Nachbarn schon 30 Jahre kenne."

Kraus und Erhardt versprechen im Vorfeld der Sitzung - unterstützt von der CSU-Fraktion - "blühende Landschaften" im Ortskern, sofern sie nur freie Hand bekommen. Teil der öffentlich lancierten Pläne soll auch ein Discounter sein. Ein solcher dürfte sich an besagter Stelle aber kaum wirtschaftlich betreiben lassen. Am Mittwoch ebenfalls auf der Tagesordnung des Gemeinderates: Die Flächennutzungsplan-Änderung, die es Michael Kraus ermöglichen soll, in der Verlängerung der Weihersiedlung ein Baugebiet mit seenahen Wohnungen und einen weiteren Discounter "zur Nahversorgung des Ortsteils Blechhammer" zu errichten. Was aus dieser Supermarkt-Doublette werden soll, auch angesichts großer Neubauten in Neunburg, Bruck und Wackersdorf, das dürfte nur eine der spannenden Fragen sein, die die Mittwochssitzung beantworten könnte. Es sei denn, keiner der Gemeinderäte rafft sich auf und fragt nach.

 

 

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