Finanzminister Dr. Markus Söder schlägt für seine provokanten Thesen in der Flüchtlingspolitik dieser Tage viel Kritik entgegen. Sogar von Parteifreunden wie Landtagspräsidentin Barbara Stamm. Am Freitag im Fest-Stadel in Klardorf war das anders. Bei der gemeinsamen 70-Jahr-Feier der Ortsverbände Schwandorf und Klardorf badete der bekennende Franke in den Begeisterungs-Ovationen von 500 Anhängern aus der Oberpfalz. Sogar die Kanzlerschaft wurde ihm da angetragen. Söder: „Da gibt es Jobs, die ich spannender finde…. Club-Präsident zum Beispiel.“

Söder will keinen Fußballverein leiten, sondern den Freistaat Bayern. Das sagt er nie direkt - Thronanwärter werden gerne geköpft, wenn sie den Kopf zu weit aus dem Fenster strecken. Durchklingen lässt er es aber ganz deutlich. Und wenn er sich als Fan von Franz-Josef Strauß outet, dann schlagen  ihm Wellen der innigen Sympathie entgegen vom Auditorium, und das ausgerechnet im Raum Schwandorf. Man sieht - es gibt eine starke Sehnsucht der Parteibasis nach den Verhältnissen von früher- "es wart halt noch vieles in Ordnung damals", frei nach Georg Lohmeier.

Die Ordnung ist in jenen Septembertagen aus den Fugen geraten, als die Kanzlerin im Handstreich die Grenzen öffnete und versicherte „Wir schaffen das“ - während sie die Antwort auf die Frage nach dem Wie bis heute aber weitgehend schuldig bleibt. Das verunsichert die Menschen. Markus Söder will sie dort abholen, wo sie sonst vielleicht eine Alternative suchen würden. Darüber sind die Leute augenscheinlich froh - die Helfer aus dem Team rund um Martina Englhardt-Kopf und Thomas Schmid, die beiden Ortsvorsitzenden, mussten vor Beginn der Veranstaltung fleißig zusätzliche Bänke aufstellen. Der Star des Abends ließ auf sich warten, die Stimmung stieg dabei aber stetig.

Der Finanz- und Heimatminister liebt den ländlichen Raum - damit eben auch die Oberpfalz - und der ländliche Raum liebt ihn. Der schwarze Teil der Bevölkerung wenigstens. Und dass die Versorgung mit schnellem Internet im Gegensatz zu früher jetzt mit deutlichen Schritten voran geht, bringt ihm auch außerhalb der Partei mit dem 50 plus x Anspruch Sympathien ein. Eigenlob stinkt Söder auch nicht wirklich. Dass er stets versucht, „Geld und Leistungen“ in den ländlichen Raum zu pumpen, damit hält er nicht hinterm Berg. Er kann mit Beispielen wie der  begonnenen Behördenverlagerung auch untermauernde Fakten nennen.

Deutschland ist spitze, die Bayern sind die Besten. Das Warm-Up gelingt dem routinierten Bierzelt-Dompteur in traumwandlerisch sicherer Manier. Auch wenn es laute Töne sind, mit denen er die Klaviatur der Stimmung, Ängste und Unrechtsempfindungen bedient - auch und gerade die müssen sitzen. Vom Otto Zeitler habe er gelernt, was Rückgrat heiße, sagt er. Der Elder Oberpfalz-Man nimmt die Huldigung freudig entgegen.

Dass der Landkreis und die Kreisstadt bei den letzten Wahlen schwarz geworden sind, freut den Minister. Lob für Landrat Thomas Ebeling, OB Andreas Feller und auch für den Stimmkreisabgeordneten Alexander Flierl. „Hier wurde der Generationenübergang hervorragend vorbereitet. Das kann auch ein Beispiel für alle anderen Ebenen sein“, schickte Söder einen warmen Gruß an den Silberrücken in München.

Die meisten direkten Anreden des Abends bekommt jedoch der Ortsgeistliche von Klardorf, der im Publikum sitzt. „Wissen Sie, Herr Pfarrer….“, so fangen viele Sätze an. Vor allem solche, in denen sich Markus Söder zur Integration bekennt. Der intensive Versuch, das Porzellan zu kitten, das CSU-General Andreas Scheuer mit seiner Entgleisung vom „ministrierenden, fußballspielenden Senegalesen“ in einem Eigentor ungeahnten Ausmaßes zerbrochen hat, ist deutlich zu spüren. Die CSU in der Kritik der Kirche? Söder rudert charmant dagegen an. Auf seine Weise. Nicht devot wie ein CSU-Oberministrant, sondern kumpelhaft-verschwörerisch wie ein mächtiger Minister.

HIER GEHT´S ZUM VIDEO AUF OSTBAYERN HD

Seine Argumente, warum es aber auch einmal genug sein müsse mit der unbegrenzten Solidarität, stoßen auf frenetische Gegenliebe bei der Zuhörerschaft. Söder streicht die Leistungen Bayerns heraus in jenem letzten Herbst, als „praktisch alle nach Bayern kamen“. Alle Flüchtlinge hätten ein Dach über den Kopf bekommen und medizinische Grundversorgung - trotz des nicht vorangekündigten Massenansturms. Als einige Wochen später das Land Berlin - angekündigt - eine wesentlich kleinere Zahl von Flüchtlingen ebenso versorgen hätte sollen, ist das Grundsätzliche in vielen vielen Fällen auf peinliche Weise schief gegangen.

Söders Ableitung daraus: Die Bayern brauchen sich von niemandem sagen zu lassen, wie man wirklich hilft und dass Hilfe in der Not christliches Gebot sei. Aber alles habe eben seine Grenzen. „Wir können nicht allen helfen, und wenn die Not endet, dann müssen diese Menschen auch wieder zurück, um ihre Heimat wieder aufzubauen“, lässt Söder vernehmen.

Die vielfach diskutierte „Gesundheitskarte für alle“ geißelt der Finanzminister auch in Klardorf. „Ich finde es nicht fair, dass alle dieselben Leistungen erhalten sollen wie diejenigen, die jahrelang eingezahlt haben“: Da braucht der Minister am Pult den „Zahnersatz“ noch nicht einmal in den Mund nehmen.

Als er nach den Anschlägen in Paris davor gewarnt hatte, dass mit den Flüchtlingen auch Terroristen nach Europa gekommen seien, hagelte es - vor allem auch aus dem eigenen Lager - massive Schläge auf Söders Haupt. Nach den Erkenntnissen der letzten Wochen fände er Entschuldigungen angebracht, erklärt er am Freitag, lässt aber offen, wen genau er damit meint. Die aktuellen Grenzkontrollen seien sehr einfach umfahrbar. Man müsse das Navi nur auf Landstraße umstellen und komme unbehelligt von Österreich nach Bayern, beklagt er. Dank müsse die EU Mazedonien und Ungarn zollen, die das getan hätten, was laut Schengen-Abkommen in Griechenland und Italien passieren hätte müssen: Die „Sicherung der Außengrenzen“ der EU setzt er damit gleich mit der Schließung der Balkan-Route.

Türkeiabkommen hin oder her - wer sich so verhalte wie der türkische Staatspräsident, verdiene keine Gespräche über einen EU-Beitritt. Söder, selbst gern Zielscheibe des Spottes von Neo-Magazin-Royal-Moderator Jan Böhmermann, wirft sich sogar für den Rezitator des Schmähgedichts über Erdogan in die Bresche und kritisiert die Bundesregierung, nicht zu den „eigenen Leuten zu stehen“, weil sie  die Strafverfolgung nach dem Majestätsbeleidigungs-Paragrafen zugelassen hat.

Familiennachzug in ungeahnter Höhe, enorme Kosten für unbegleitete Flüchtlinge, daneben die schmale Rente der lange hier ansässigen Frau - „wir dürfen die eigenen Leute nicht vergessen“, ruft Söder wieder. Ohne freilich zu erörtern, was genau er ändern möchte. Was er nicht ändern möchte, ist das Gewaltmonopol des Staates. NoGo-Areas für Polizisten, wie es sie in NRW laut Söder schon geben soll, die will er nicht. „Multikulti-Parallelgesellschaften können und wollen wir nicht dulden“, ruft Söder - brandender Applaus. Jeder müsse sich an die tradierten Werte halten - auch wenn diese nicht expressis verbis in der Verfassung zu finden seien. Als Beispiel führt er an, dass Kinder weiter gemischt-geschlechtlich unterrichtet werden müssten, um islamischen Rollenbilder von den Geschlechtern kein Einfallstor zu bieten.

Er kritisierte, dass „die Politik“ (er meinte damit deutlich die Koalitionspartner in Berlin) stets nur reagiert, wenn etwas passiert ist. Er würde das anders machen. Aber ins Kanzleramt will Söder ja nicht. Und so kommt er zum Schluss seiner Ausführungen auf das Lieblingsthema Länderfinanzausgleich. Auf sechs Milliarden Euro schnalzt seinen Ausführungen zufolge der Zahler-Beitrag Bayerns heuer. Und da ist dem Straußanhänger der populistische Sozialist Alexis Tsipras sogar lieber als der Sozi-Bürgermeister von Berlin: Tsipras müsse wenigstens Reformen abarbeiten, ehe er Geld von der EU bekommt. Die Berliner dagegen verpulvern das bayerische Geld und sagen nicht einmal danke. In diesem Themenfeld könnte Söder allerdings etwas tun - vor allem, wenn es 2018 funktioniert mit dem „hervorragenden Generationenübergang“.

Die Jubel-Ortsverbände Klardorf und Schwandorf

Gerade einmal acht Klardorfer waren es, die im April 1946 den CSU-OV ins Leben riefen. Thomas Schmid, heute der Vorsitzende, blickte vom Podium auf 500 „Schwarze“ hinab, die sich im Feststadel versammelt hatten. Freilich nicht lauter Klar- und Schwandorfer - aber doch eine beeindruckende Gratulantenschar. Martina Englhardt-Kopf erinnerte für den Verband in der Großen Kreisstadt an den damaligen Landrat (Burglengenfeld) Dr. Winkler, der sich im Befreiungsjahr 1945 anschickte, das konservative Lager wieder zu ordnen. Zu den Gründervätern zählten dann Stadtpfarrer Alois Wild und der erste Vorsitzende Josef Krempl.

Bundestagsabgeordneter Karl Holmeier gratulierte kurz, laut und herzlich. Die CSU sei die erfolgreichste Partei Europas, schwärmte er, das zeige sich im Kreis Schwandorf besonders. MdL Alexander Flierl betonte, dass in sieben Jahrzehnten des Wandels die Grundwerte geblieben seien: Die Heimat weiterzuentwickeln. „Markus, wir brauchen Dich in München“, attestierte er dem Finanzminister, der doch eh keinen Koffer in Berlin hat.

Gratulieren durften auch Landrat Thomas Ebeling und OB Andreas Feller. Für die Musik sorgten die „Ohrleidigen“.