Bodenwöhr/Bruck. Die MJK Projektentwicklung GmbH & Co.KG, jene Gesellschaft, über die der Unternehmer und ehemalige CSU-Fraktionssprecher im Gemeinderat Michael Kraus seit Jahren erfolgreich Baugebiete in Bodenwöhr entwickelt und vermarktet, möchte einen Bebauungsplan für ein „Ladengebiet südlich der Neunburger Straße" haben. Während sich viele Diskutanten über einige Dutzend gefällte Bäume am Badeplatz aufregen, geht es hier um ganz andere Kettensägen-Dimensionen. Für den Großteil des Gemeinderates überwogen am Mittwoch die Chancen des Projekts. Nur Christian Lutter (FWG) stimmte dagegen.

Jeden Tag verschwinden in Bayern 13 Hektar Fläche unter Beton und Asphalt. "Betonflut eindämmen" fordern daher Grüne, ödp und die "Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft" (AbL) und strengen unter dem Titel ein Volksbegehren an. Die 25.000 Unterstützer-Unterschriften dürften bald beisammen sein. Ziel ist es, die Versiegelung per Gesetz auf fünf Hektar pro Tag zu begrenzen. In die völlig entgegen gesetzte Richtung laufen dagegen die Pläne und Maßnahmen, die derzeit in Bodenwöhr und Bruck am Köcheln sind.

Bleiben wir zunächst in Bodenwöhr: Der staatlich anerkannte Erholungsort wirbt gerne mit seinem Hammersee und den idyllischen Wäldern ringsherum. Knapp 20.000 Quadratmeter (2 Hektar) dieser Wälder - in unmittelbarer See-Nähe - müssen im ersten Schritt weichen, wenn die MJK ihren Plan verwirklicht, in der Verlängerung der Weihersiedlung Richtung Blechhammer eine Art neues Zentrum aus dem Waldboden zu stampfen. Noch einmal rund diese Fläche soll nach bisher vorliegenden Plänen dann für Wohnbebauung erschlossen werden. Die Gemeinde will, diesen Überlegungen folgend, den Grund - übrigens auch jenseits der Neunburger Straße bis hin zum See-Ufer - vom Staatsforst erwerben. Der Gemeinderat spielt mit. Allerdingssoll die Fläche am See-Ufer nördlich der Neunburger Straße Landschaftsschutzgebiet bleiben.

Was plant die MJK? Dem Ostbayern-Kurier liegen Plan-Skizzen vor, auf denen sich ein Discouter, ein Getränkemarkt, ein Bürogebäude, ein Seniorenheim und eine Tankstelle (!) finden. Eine Tankstelle betreibt Kraus bislang im Ortskern. Sein Supermarkt in unmittelbarer Nähe musste vor etlichen Jahren wegen zu wenigen Erweiterungsmöglichkeiten aufgeben. Hier liegt also einer der "Klassiker" im negativen Sinne vor, wie sie das Volksbegehren zu verhindern versucht: Anlagen aus der Ortsmitte sollen auf die grüne Wiese, hier in den grünen Wald verpflanzt werden.

Dem Vernehmen nach gäbe es Alternativen für einen Supermarkt-Standort, der zugegebenermaßen gerade dem sterbenden Ortsteil Blechhammer im Sinne der Nahversorgung gut tun würde (und den Neubürgern, die Michael Kraus und die Raiffeisenbank in ihren neuen Baugebieten anziehen). Zum einen in Blechhammer selbst, zum anderen in der "Weihersiedlung" nahe des Autohauses von Michael Kraus. Ob es Sinn macht, die Tankstelle zu verlegen, und neben den bestehenden Angeboten in Sachen Getränke (Brauerei, Bollinger, Edeka) und anderen Sortimenten weitere Angebote zu schaffen, beschäftigt andernorts Horden von Gutachtern und die Regierung der Oberpfalz. Einzelhandelsgutachten und ähnliches sind jedoch obsolet, nachdem sich die Gemeinde Bodenwöhr vor einigen Jahren aus dubiosen Motiven einer Gemeinderatsmehrheit heraus aus der Städtebauförderung verabschiedet hat. Das Thema "Seniorenheime" dagegen ist allerorten seit Jahrzehnten in und dürfte es auch noch eine Weile bleiben.

Was passiert mit den alten Flächen, wenn das Neue erst gebaut ist? Oftmals Leerstand, Industrieruine, meist müssen die Kommunen einspringen (wie etwa in Schwandorf beim SchmidtBräu-Areal).

Nicht immer läuft es so glatt wie im Beispiel des Netto-Marktes im Nachbarort Bruck, wo die Post den alten Netto in Beschlag nimmt, während daneben auf der grünen Wiese der neue entsteht. Freilich hätte man sich auch hier viel von den 6000 qm neu versiegelter Fläche sparen können, hätte man den Netto zur Erweiterung des alten Gebäudes genötigt und für die Post bedarfsgerecht neu gebaut. Die alten Post-Räume am Kirchplatz könnten eine neue Heimstatt für Kinderbetreuung werden.

Aber in Bruck ist noch mehr faul, moniert Grünen-Kreisrat und Marktrat Rudi Sommer. So hat der Marktrat kürzlich gesetzliche Erleichterungen für die Ausweisung von Bauland in Sollbach in Anspruch genommen, die eigentlich die Wohnraumschaffung in Ballungsräumen fördern sollen. Dass Sollbach ein solcher sei, kann nun wirklich niemand ernsthaft unterstellen. Dennoch nutzten die Brucker Räte freudig das Instrumentarium, um ohne engere Umweltprüfung Bauplätze im grünen Dorf auszuweisen. Artenvielfalt vernichten, Dörfer zersiedeln: Sommer ist sauer. "Das alles ist eine Fehlentwicklung hoch zwei", sagt er. Statt die Innenbereiche zu verdichten, zersiedeln die Gemeinderäte ihre Ortschaften immer mehr. Wer das Volksbegehren "Betonflut eindämmen" unterstützen will, kann sich bei Sommer Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.melden.

Am Mittwochabend kam es für die Bodenwöhrer Räte zum Schwur: Wald oder Discounter und Parkplätze - ein schönes Beispiel für die Crux, die uns in ganz Bayern beschäftigt. Den Bodenwöhrer Räten sahen in der großen Mehrzahl das "Entwicklungspotential" eher bei Tankstelle und Discounter als bei Wald und Natur.