In Grünthal wird heftig über ein Baugebiet gestritten, das Bauträger Schmack dort umsetzen will. Als Buhmann gelten vielen der Gemeinderat als Ganzes und Bürgermeister Koch im Speziellen. Doch länger Bescheid wusste nur ein Gemeinderat – er trat im Wahlkampf noch mit dem Versprechen für mehr Transparenz an. Einhundert Liter Bier waren es, die zuletzt das Misstrauen bei einigen Grünthalern nährten. „Die kaufen sich doch jeden“, wurde geraunt und Gerüchte von Mauscheleien und geheimen Absprachen machten die Runde. Was war geschehen?

 

Als die beiden Investoren Martin und Ferdinand Schmack Anfang September zu einer Informationsveranstaltung ins Gasthaus Kargl luden, sei es „zugegangen wie auf dem Hamburger Fischmarkt“, berichtet einer der Anwesenden. Die Schmacks warben dort für ihr Bauvorhaben oberhalb der Raubergsiedlung zwischen Grünthal und Keilberg – Arbeitstitel: „Grünthal Süd“. Auf etwa fünf Hektar Gesamtfläche wollen die Bauträger rund 100 Bauplätze entwickeln. Ein umstrittenes Vorhaben, für das es bislang zwar weder einen Bauantrag, geschweige denn eine Genehmigung gibt, das aber schon kurz nach Bekanntwerden für Unmut bei einigen Grünthalern sorgte.

Anfang Juni überreichte eine eilends gegründete Interessengemeinschaft bei einer regelrechten Demonstration auf dem Schindlfeld rund 350 Unterschriften an Bürgermeister Sebastian Koch. Die Forderung: Man wolle kein zweites Brandlberg in Grünthal haben. Die Befürchtung: Hier wird womöglich urbane Würfelarchitektur entstehen, die nicht zum ländlichen Charakter des Wenzenbacher Ortsteils passe. Und immer wieder das Geraune von geheimen Absprachen und Mauschelei.

Eine etwas hilfloser Bürgermeister musste den aufgebrachten Bürgern derweil erklären, dass der Gemeinde abseits von einer Planskizze aus dem Hause Schmack noch nichts vorliege, dass man keine Unterlagen habe, die man im Gemeinderat beraten könne. Und so lange nichts vorliege, könne man weder Details diskutieren, noch die Frage nach einem Ja oder Nein für das Baugebiet beantworten. An diesem Stand hat sich bis heute wenig geändert: Nach wie vor gibt es keinen Bauantrag und auch eine im Vorfeld notwendige Änderung des Flächennutzungsplans steht bislang nicht auf der Agenda des Wenzenbacher Gemeinderats.

Einen Gemeinderat aber gibt es, der sich schon länger mit dem potenziellen Baugebiet befasst. Es ist Jürgen Böhm von der Wählergruppierung „Die Bürger“ - einst angetreten, um für mehr Transparenz in der Gemeinde Wenzenbach zu sorgen und damals ein Verfechter dafür, die Vermarktungshoheit von Grundstücken in den Händen der Kommune zu halten. „Wir haben nichts gegen Bauträger, aber Wohnen muss bezahlbar bleiben“, so Böhm während des Wahlkampfs im Januar 2014.

Zwei Jahre später, als gewählter Gemeinderat, unterstützte Böhm – damals noch völlig abseits der Öffentlichkeit – seinen Parteifreund Günther Heußler bei ersten Schritten für das nun so heiß umstrittene Gebiet. Heußler gehörte ein Großteil der in Rede stehenden Flächen und in seinem Namen wurde Gemeinderat Böhm, unterstützt durch den Vertreter einer Ingenieursgesellschaft, im Oktober 2016 mit einem ersten Erschließungsplan im Landratsamt vorstellig, um eben jenes Baugebiet oberhalb der Raubergsiedlung auf den Weg zu bringen.

Wie aus einem Aktenvermerk zu der Besprechung hervorgeht, reagierten die Fachleute im Landratsamt eher ablehnend auf das Vorhaben. Der Zuschnitt des potenziellen Baugebiets sei nicht passend, auch gebe Probleme bei der Oberflächenentwässerung zu klären. Auch zeigte man sich im Landratsamt nicht glücklich darüber, dass Grünthal und der Regensburger Stadtteil Keilberg mit der Realisierung des Bauprojekts faktisch zusammenwachsen würden. Und so zog man unverrichteter Dinge wieder von dannen.

Untätig scheint man aber nicht geblieben zu sein, sondern suchte stattdessen Kontakt zu den Schmack-Brüdern, wohl in der Hoffnung, dass die beiden Investoren mehr Erfahrung haben, was die Realisierung schwieriger und umstrittener Baugebiete anbelangt. Und die Schmacks blieben nicht untätig: Sie sicherten sich vertraglich die Rechte an den notwendigen Grundstücken. Erst dann traten die beiden Unternehmer an die Gemeinde heran – mit, was die Eigentumsverhältnisse der Grundstücke anbelangt, vollendeten Tatsachen. Ein zumindest ungewöhnlicher Vorgang, der so in Wenzenbach nach Erinnerung mehrerer Gemeinderäte noch nicht vorgekommen ist.

Im Juli dieses Jahres traf man sich wieder im Landratsamt, um zusammen mit der Ingenieursgesellschaft, die schon für Heußler und Böhm tätig war, erneut für das Vorhaben zu werben. Auch dazu gibt es einen Aktenvermerk, aus dem hervorgeht, dass das Gespräch ohne abschließendes Ergebnis verlief.

Bürgermeister Koch trug aber demzufolge mehrere Bedenken vor. Es gebe mehrere Einwände von Anwohnern und Probleme bei der Oberflächenentwässerung. Auch sei dringend ein Verkehrsgutachten erforderlich, um eventuelle zusätzliche Belastungen abschätzen zu können. Martin Schmack hingegen zeigte sich überzeugt, dass seine Planung problemlos umsetzbar sei, man alle Probleme lösen könne und plädierte für ein beschleunigtes Verfahren nach dem neu eingeführten Paragraphen 13b im Baugesetzbuch, bei dem etwa die Umweltprüfung ausgesetzt und eine Änderung des Flächennutzungsplans obsolet wird. Er, Schmack, habe seine Planungen den notwendigen Voraussetzungen dafür angepasst.

Und offenbar in der vollsten Überzeugung, dass er seine Vorstellungen auch den Grünthalern würde nahebringen können, lud Schmack schließlich Anfang September zu eben jener Informationsveranstaltung, um dort – zusammen mit seinem Bruder Ferdinand – die Pläne genauer zu erläutern. Auf die lautstarke Kritik, die den Schmacks dort entgegenschlug, reagierten die Brüder mit allerlei Versprechungen und Zusicherungen.

Man werde den Grünthalern einen Kindergarten bauen, na gut, auch eine Kita, obendrauf gebe es noch ein neues Hebewerk zur Abwasserentsorgung sowie Straßenbegradigungen und als Zuckerl versprach Ferdinand Schmack gar einen Badeweiher. Man wolle den Weg mit den Grünthalern gemeinsam gehen, zum Vorteil aller. Regelrechte Heilsversprechen also, die teilweise durchaus für positive Stimmung sorgten, wogegen Bemerkungen von Martin Schmack a la „Wollt ihr weiter eine verschlafene Nachbargemeinde bleiben oder als Stadtrand-Hot-Spot etwas von der Entwicklung der Boomtown mitnehmen?“ die Volksseele der Grünthaler weniger erfreuten. Ein Zwischenrufer kommentierte schließlich in erfrischender Offenheit: „Herr Ferdinand Schmack, alles, was Sie uns hier positiv vermitteln, reißt ihr Bruder mitm Arsch wieder ein.“

Ein Besucher redete sich bei der hitzigen Diskussion schließlich derart in Rage, dass er kurzzeitig zusammnenbrach und von der anwesenden Feuerwehr medizinisch versorgt werden musste. Ein Umstand, den die Schmacks mit einem 100-Liter-Fass-Bier für die tatkräftigen Ehrenamtler honorierten - was bei einigen Feuerwehrleuten durchaus für positive Stimmung, bei anderen zu Geraune wie „Die kaufen sich jeden“ führte.

Als Fazit bleibt bislang: Allen Unkenrufen und Protesten zum Trotz ist bislang noch nichts entschieden und für den Gemeinderat nichts zu entscheiden. Und Jürgen Böhm, der gleichsam als Projektsteuerer für seinen Parteifreund Heußler die ersten Überlegungen auf den Weg gebracht sowie den Kontakt zu den Schmacks hergestellt hatte und definitiv mehr weiß als der Rest des Gemeinderats und Bürgermeister Koch, sagt auf Nachfrage: „Wir werden das alles im Gemeinderat entscheiden, sobald wir vom Investor was vorgelegt bekommen.“ Mehr wisse er auch nicht.